Das Wichtigste in Kürze:
- Auf dem Uni-Campus gehören sie fast schon zum gewohnten Bild: Informationsstände von Finanzdienstleistern oder Seminarangebote zu nützlichen Techniken für Studierende.
- Die Absicht dieser Anbieter ist nicht sofort erkennbar. Mit dem Verkauf von Finanzprodukten lassen sich lukrative Geschäfte machen. Jeder abgeschlossene Vertrag bringt eine Provision.
- Wichtig ist: Unterschreibe nicht übereilt einen Vertrag, sondern vergleiche zuerst Angebote. Sinnvoll sind auch zusätzliche Infos von unabhängiger Stelle wie der Verbraucherzentrale.
Wollen Finanzdienstleister dir auf dem Uni-Campus Finanzprodukte verkaufen?
Sie empfangen bereits die ganz frischen Studierenden mit kleinen Geschenken in der berühmten "Ersti-Tüte". Sie bieten älteren Semestern scheinbar nützliche und vor allem kostenlose Seminare zu Excel, Resilienz, zur Master-Thesis oder auch zur ersten Steuererklärung. Sie sind eher die Kumpeltypen – laden mitunter auch Mal zum Segeln oder Golfen ein. In der Regel sind sie aber einfach nur eins: Vertriebsmitarbeiter großer Finanzdienstleister und haben dementsprechend nur ein Ziel. Sie wollen Studierenden Finanzprodukte verkaufen.
Der Grund, warum sie bereits auf dem Uni-Campus Rürup-Renten oder andere Versicherungen an Menschen ohne hohes und meist mit unregelmäßigem Einkommen verkaufen, ist ein ganz einfacher. Sie kassieren Provisionen für jeden Vertrag, den sie vermitteln. Doch die angebotenen Produkte – oft mit sehr langer Laufzeit – sind für Studierende in der Regel nicht bedarfsgerecht. Der Schaden offenbart sich meist erst nach vielen Jahren. Statt ordentlicher Wertzuwächse dank guter Kapitalmarktentwicklung sind die vermittelten Fondspolicen auch nach 10 Jahren oft noch im Minus. Das geht aus etlichen Beratungsfällen der Verbraucherzentralen hervor.
Vor jedem Abschluss einer Versicherung, eines Sparvertrages oder eines Kredites gilt, genau zu prüfen. Bei kaum einem anderen Vertrag lassen sich Kosten und Leistungen schwieriger vergleichen als bei Finanzdienstleistungen.
Kläre immer zunächst deinen individuellen Bedarf, bevor du dich (lange) bindest.
Hier findest du weitere Informationen zum Thema Geldanlage.
Beispiel-Szenario: Ein Hamburger Informatikstudent ist auf seinem Uni-Campus unterwegs. Er trifft zufällig auf einen Info-Stand von "MLP" – einem Anbieter von Versicherungs- und Anlageprodukten. Er kommt mit einer Vertriebsmitarbeiterin ins Gespräch. Diese weist ihn auf seine Versorgungslücken hin: Er bräuchte eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU), um diese Lücken abzusichern. Mit dem vorgeschlagenen Modell einer privaten Rentenversicherung als Basisrente und einer damit gekoppelten Berufsunfähigkeitszusatzversic
Am Anfang ist der Beitrag günstig: knapp 28 Euro. Er ist ja noch Student und hat kaum Einnahmen. Ab dem 3. Jahr mit dem Eintritt in das Arbeitsleben, soll sich der Beitrag dann aber auf 93 Euro belaufen. Außerdem wird eine jährliche Erhöhung um 10 Prozent vereinbart. Am Ende der Vertragslaufzeit hätte er also über 1.540 Euro monatlich zahlen müssen. Die Abschlusskosten des Vertrages liegen bei über 8.000 Euro, plus Verwaltungskosten.
Der angehende Informatiker hat ein komisches Bauchgefühl und lässt sich bei der Verbraucherzentrale beraten. Er hat den Vertrag auf unser Anraten gekündigt, um nicht weiter gutes Geld falsch zu investieren. Nun hat er eine selbstständige BU und baut erst einmal eine Liquiditätsreserve auf, bevor er sich weiter um seine finanzielle Zukunft kümmert. Eins hat er gelernt: Kapitalbildende Versicherungsprodukte braucht er nicht.
Audio-Angebot: Die drei häufigsten Maschen, mit denen Vertriebsmitarbeiter auf den Uni-Campus kommen
Prof. Dr. Hartmut Walz berichtet von seinen Beobachtungen an der Uni.
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Was können Studierende tun?
Am besten einfach mal NEIN sagen, denn:
- Verkäufer:innen von Finanzprodukten können dich nicht unabhängig beraten. Sie werden von den Produktherstellern gegen Provision bezahlt und verkaufen deren Produkte.
- Die Anbietervergleiche der Stiftung Warentest Finanztest sind wirklich unabhängig. Informiere dich dort über Versicherungen und andere Finanzprodukte und nimm dir ein bisschen Zeit dafür, es lohnt sich.
- Zur Altersvorsorge brauchst du keine Versicherungen. Parke deinen Notgroschen auf einem gut verzinsten Tagesgeldkonto. Das ist flexibel und sicher. Baue Vermögen langfristig mit ETF auf, die die weltweiten Aktienmärkte abbilden. Die können zwar erheblich im Wert schwanken, sind auf lange Sicht aber am rentabelsten.
- Wenn du unsicher bist bei einem Ratschlag eines Beraters oder bei einem Tipp eines Influencers, frag die Finanzexperten deiner Verbraucherzentrale um Rat.
Was machst du, wenn du bereits einen Vertrag unterschrieben hast?
- Hör auf dein Bauchgefühl! Nimm deine Zweifel an den angebotenen Produkten ernst.
- Lebensversicherungen kannst du binnen 30 Tagen widerrufen. Bei unvollständiger oder fehlerhafter Information sogar noch länger. Widerrufe!
Mehr Informationen findest du in unserem Beitrag "Versicherungsvertrag kündigen". - Wenn der Vertragsschluss schon länger her ist: Frag Experten der Verbraucherzentralen, was du tun kannst.
- Gerade wenn eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit enthalten ist, ist es wichtig, überlegt und sinnvoll zu handeln und sich unabhängigen Rat zu holen.
Was machst du, wenn du schon Daten preisgegeben und schon einen Termin hast?
- Du kannst den Termin höflich aber bestimmt absagen, um Zeit zu gewinnen und dich vorab zu informieren.
- Wappne dich für das Gespräch mithilfe unserer Videos aus dem Selbstlernangebot.
- Lass dich nicht unter Druck setzen. Du bist niemandem etwas schuldig, auch wenn er noch so nett ist.
- Wenn du zu einem Termin eingeladen wirst, lehne ab.
- Falls du zum Termin gehst: leg dir eine Ausrede zurecht, warum du auf keinen Fall vor Ort unterschreiben kannst.
- Wenn die Vertriebler hartnäckig oder aufdringlich sind, werde nicht schwach. Nein heißt nein. Lehne weiteren Kontakt ganz entschieden ab. Keine Anrufe, keine Newsletter.
Selbstlernangebot: Verkaufspsychologie in der Finanzberatung
Hier findest du 3 Videos, die sich mit dem Einsatz verkaufspsychologischer Strategien am konkreten Beispiel der Finanzberatung befassen und dir hilfreiche Tipps für Verkaufsgespräche geben.
Video Teil I: Die Taktik des Gebens und Nehmens - Einführung und Grundlagen
Diese Taktik kommt aus der Verkaufspsychologie. Wie genau sie dich beeinflussen und woran du die Kniffe und Tricks von Verkaufsprofis erkennst, erfährst du im folgenden Video.
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Video Teil II: Die Taktik "Geben und Nehmen" in der Finanzberatung - Interview
Finanzexperte Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg verrät, wie Finanzberater:innen ihre Taktiken gezielt einsetzen.
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Video Teil III: Die Taktik "Geben und Nehmen" - 4 Tipps zum Umgang
Hier findest du 4 konkrete Tipps für dich, damit du für Gespräche mit Finanzberater:innen vorbereitet bist.
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