Über Grüntee-Extrakte und das enthaltene EGCG werden wundersame Wirkungen berichtet. Doch statt nicht bewiesener Effekte gibt es eine Vielzahl unerwünschter Reaktionen.
Was sind Grüntee-Extrakte?
Grüner Tee wird in Asien seit mindestens 4.000 Jahren getrunken. Er wird aus derselben Teepflanze gewonnen wie der schwarze Tee. Er wird weder fermentiert noch oxidiert und hat einen milderen Geschmack. Er enthält etwa halb so viel Koffein wie Schwarztee. Es gibt zwei Hauptsorten von grünem Tee:
- den großblättrigen indischen Assam-Tee (Camellia sinensis var. Assamica) und
- den kleinblättrigen Camellia sinensis var. Sinensis aus China und Japan.
Assam-Tee hat einen höheren Polyphenol-Gehalt.
Polyphenole gehören zu den sekundären Pflanzenstoffen, ebenso wie die im Tee enthaltenen Gerbstoffe und Katechine. Letztere gelten als die eigentlichen "Wirkstoffe" in Grüntee-Extrakten. Katechine gehören zur Gruppe der Flavonoide, genauer zur Flavanolgruppe der Flavonoide, die bis zu 30 Prozent des Trockengewichts der Teeblätter ausmachen können.
Grüner Tee enthält wegen seiner anderen Verarbeitung mehr Katechine als schwarzer Tee. Aber auch der Katechin-Gehalt variiert. Er wird beeinflusst durch die Wachstumsbedingungen, den Zeitpunkt der Ernte und die Brühtemperatur. Das am häufigsten vorkommende, besonders aktive Katechin ist das Epigallocatechin-3-Gallat (EGCG).
Die Katechin-Aufnahme aus Tee liegt in der EU im Schnitt zwischen 90 und 300 Milligramm pro Tag, also weit unter der Unbedenklichkeitsgrenze von 800 Milligramm. Wer sehr viel Tee trinkt, könnte an die 800-Milligramm-Grenze gelangen. Trotzdem bekommen sie viel seltener Leberprobleme, vermutlich weil sie den Tee über den Tag verteilt und oft während Mahlzeit zu sich nehmen.
Was steckt hinter der Werbung zu Grüntee-Extrakt?
Ihm werden unzählige gesundheitsfördernde Wirkungen nachgesagt. So soll er vor Krebs schützen, das Immunsystem stärken, Cholesterin- und Blutzuckerspiegel senken und durch Fettabbau die Gewichtsreduktion unterstützen. Internetblogs gehen sogar noch weiter und verherrlichen die heilende Wirkung des "Gold Asiens" bei Arthritis, Rheuma, Endometriose, Herzerkrankungen, Allergien und Alzheimer.
Demnach kann Grüntee den Krebs sogar blockieren und für die Neubildung von Nervenzellen sorgen, um das Gedächtnis zu stärken. Begründet wird das alles mit der starken antioxidativen Wirkung der Inhaltsstoffe, vor allem der Polyphenole und des Epigallocatechingallat (EGCG). In der Fachliteratur wird die Abkürzung EGCG sowohl für Epigallocatechingallat als auch für Epigallocatechin-3-gallat benutzt.
Das Wenigste wurde systematisch an Menschen untersucht. Fast alle Daten, die auf eine mögliche Wirkung hindeuten, stammen aus Zellkultur- oder Tierversuchen. Humanstudien wiederum sind häufig Beobachtungstudien oder aber es wurden unterschiedliche Substanzen, wie Grüner Tee als Getränk oder Pulver, verschiedene Extrakte oder reines EGCG, verwendet, so dass sie nicht wirklich aussagekräftig und reproduzierbar sind.
Hinzu kommt, dass Nahrungsergänzungsmittel keine pharmakologische Wirkung haben dürfen und eben nicht lindernd, heilend oder therapeutisch eingesetzt werden sollen. Das wäre die Aufgabe von (pflanzlichen) Arzneimitteln. Nahrungsergänzungsmittel sind in erster Linie für gesunde Personen bestimmt und es gibt bisher keinen wissenschaftlichen Beweis, dass Nahrungsergänzungsmittel mit einem Grüntee-Extrakt für diese Personengruppe besonders gesundheitsförderlich wären.
Vor allem gibt es keine Belege für eine spezifische Wirkung wie die oben aufgeführten. Konkret wurden fünf sogenannte Health Claims beantragt, welche allesamt den Status "non-authorised" bekommen haben. Ganz im Gegenteil hat die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) sogar Sicherheitsbedenken hinsichtlich der Grüntee-Extrakte geäußert. Grüner Tee als solcher gilt hingegen in üblichen Mengen als sicher.
Auf was sollte ich bei der Verwendung von Grüntee-Produkten achten?
- Grüntee-Produkte (als Tee-Aufguss oder Matcha-Pulver) gelten als sicher.
- Bei (konzentrierten) Grüntee-Extrakten werden dagegen Leberschädigungen bis hin zu Leberversagen, erhöhter Blutdruck und erhöhter Augeninnendruck gemeldet. Ursache sollen die Katechine, vor allem Epigallocatechingallat, sein. Deswegen hat die EU zum 1. Januar 2023 den EGCG-Gehalt von Grüntee-Extrakten, die nicht zur Teezubereitung gedacht sind, auf maximal 800 Milligramm pro Tag gesetzlich beschränkt.
- Auf dem Etikett muss die maximale tägliche Verzehrmenge in Portionen des Lebensmittels angegeben und ein Warnhinweis angebracht werden, dass eine Tagesdosis von 800 Milligramm (-)-Epigallocatechin-3-gallat nicht überschritten werden darf. In der Kennzeichnung muss der Gehalt an (-)-Epigallocatechin-3-gallat je Portion des Lebensmittels angegeben werden.
Produkte, die schon vorher auf dem Markt waren, durften bis zum 21. Juni 2023 verkauft werden.
Außerdem sind folgende Warnhinweise auf der Verpackung vorgeschrieben: - "Sollte nicht verzehrt werden, wenn am selben Tag andere Erzeugnisse mit grünem Tee konsumiert werden."
- "Sollte nicht von schwangeren oder stillenden Frauen und Kindern unter 18 Jahren verzehrt werden."
- "Sollte nicht auf nüchternen Magen verzehrt werden."
- Finden Sie jedoch in der Zutatenliste die Zutat "Epigallocatechingallat" gilt laut Durchführungsverordnung (EU) 2017/2470 eine Höchstmenge von 150 Milligramm Extrakt pro Portion Nahrungsergänzungsmittel. Es handelt sich dabei um einen speziellen hochreinen Extrakt, der als neuartige Zutat zugelassen wurde. Die Kennzeichnung muss den Hinweis tragen, dass maximal 300 Milligramm Extrakt pro Tag verzehrt werden dürfen.
- Kaufen Sie nur Produkte, die in der Nährwerttabelle genaue Angaben zum EGCG-Gehalt machen.
- Verzichten Sie auf Produkte, die zusätzlich Piperin/Schwarzpfefferextrakt enthalten. Diese können unter Umständen die Bioverfügbarkeit von EGCG und damit die aufgenommene Menge über die sichere Menge hinaus erhöhen. Grundsätzlich sollten Erwachsene laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nicht mehr als 2 Milligramm isoliertes Piperin pro Tag über Nahrungsergänzungsmittel aufnehmen.
- Als weitere unerwünschte Wirkungen werden bei Grünteeextrakten Verstopfung, Magen-Darm-Probleme und Übelkeit beschrieben.
- Es sind Wechselwirkungen mit zahlreichen Medikamenten wie beispielsweise Gerinnungshemmern, Betablockern, Atropin, Codein, Bortezomib, Tamoxifen, Verapamil und diversen Cholesterinsenkern bekannt. Nehmen Sie Nahrungsergänzungsmittel mit Grünteeextrakten nur nach Rücksprache mit Ihrer Arztpraxis oder Apotheke ein.
- Bestimmte Laborwerte, etwa Leberenzyme, können beeinflusst werden. Bitte bei allen Untersuchungen angeben, wenn Sie Nahrungsergänzungsmittel mit Grüntee verwenden.
- Wirkaussagen für Grüntee oder EGCG sind nicht erlaubt. Aussagen zur antioxidativen Wirkung beziehen sich in der Regel auf zugesetzte Nährstoffe wie Vitamin C, Selen oder Chrom. Achten Sie darauf, dass hier die Höchstmengenempfehlungen des BfR nicht überschritten werden.
Tipp: Wenn Sie Grünen Tee mögen, können Sie ihn bedenkenlos trinken, aber natürlich nicht in Massen oder als ausschließliches Getränk. Es gibt zahlreiche glaubhafte Hinweise auf gesundheitsförderliche Wirkungen des Tees, auch wenn er nicht bei oder gegen Krebs hilft. Die als Nahrungsergänzungsmittel erhältlichen Grüntee-Extrakte sind nach Auffassung der Verbraucherzentralen kein geeigneter Ersatz.