Wann dürfen Energieanbieter die Preise erhöhen?
Strom- und Gaspreise setzen sich aus einer Vielzahl von Einzelposten zusammen. So enthalten die Preise neben dem Einkaufpreis für Strom und Gas an der Börse und der Marge des Unternehmens auch Kosten der Energieanbieter für den Vertrieb und diverse Steuern, Abgaben und Umlagen. Dazu zählen bei Strom unter anderem:
- Netzentgelte, die Energieanbieter für die Nutzung der Netze zahlen müssen
- die Konzessionsabgabe
- die Stromsteuer
Steigen einzelne Kostenfaktoren, kann es zu einer Preiserhöhung kommen. Grundversorger dürfen die Preise grundsätzlich erhöhen, wenn bestimmte Kostenfaktoren, auf die sie keinen Einfluss haben, ansteigen. Das ist gesetzlich erlaubt. In Sonderverträgen muss das Preisänderungsrecht dagegen wirksam in den AGB vereinbart sein.
In der Vergangenheit haben Gerichte solche Klauseln in den AGB allerdings auch mal häufiger für unwirksam erklärt, weil sie bestimmten Voraussetzungen nicht entsprachen. Ist eine Klausel unwirksam, ist auch jede darauf basierende Preiserhöhung unwirksam. Rechnungsanteile, die durch eine unwirksame Erhöhung zustande kommen, können Sie einbehalten oder innerhalb von drei Jahren ab Rechnungsdatum zurückfordern. Wenn Sie sich unsicher sind, ob die Klausel Ihres Energieanbieters unwirksam ist, sollten Sie sich rechtlich beraten lassen.
Wann und wie müssen Preisänderungen angekündigt werden?
- In der Grundversorgung müssen Preisänderungen öffentlich bekannt gegeben werden. Dies erfolgt regelmäßig in örtlichen Amtsblättern oder Tageszeitungen sowie zusätzlich im Internet. Zudem ist jeder Grundversorger verpflichtet, seine Kund:innen per Brief sechs Wochen vor einer geplanten Änderung über diese zu informieren.
- In der Sonderversorgung müssen die Preiserhöhungen nicht veröffentlicht werden. Die Anbieter müssen in den meisten Fällen Preisänderungen Ihren Kund:innen spätestens einen Monat vor Eintritt der beabsichtigten Änderung aber mitteilen, was in der Regel per Brief geschieht. Eine Mitteilung per E-Mail genügt aber auch, wenn Sie das zum Beispiel mit dem Anbieter vertraglich vereinbart haben, oftmals bei Online-Tarifen.
- Die Preisänderungsmitteilung ausschließlich in ein Kundenportal zu hinterlegen, ist hingegen nicht ausreichend (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. September 2023, Az. VI-5 U 4/22 Kart, bestätigt durch BGH vom 21.10.2025, Az. EnZR 97/23). In einem solchen Fall können Sie geltend machen, die Mitteilung nicht erhalten zu haben.
Eine Hinterlegung ist möglicherweise in Ordnung, wenn zusätzlich beispielsweise per E-Mail ausdrücklich auf die hinterlegte Preiserhöhung hingewiesen wird. Der Hinweis per E-Mail auf eine "wichtige Mitteilung im Kundenpostfach" reicht dazu nicht aus, da zu wenig konkret auf die Preisänderung verwiesen wird. Selbst den Hinweis auf "hinterlegte Preisinformationen" hielt das OLG Düsseldorf für unzureichend.
Was kann ich tun, wenn die Preise erhöht wurden, ohne dass ich eine Mitteilung erhalten habe?
Stellen Sie eine Erhöhung erst später fest, etwa auf der Jahresrechnung, prüfen Sie zunächst Ihre Unterlagen auf übersehene Hinweise. Haben Sie keine Preiserhöhungsmitteilung bekommen, kommt es darauf an, ob Sie sich in der Grund- oder Sonderversorgung befinden.
- Grundversorgung: Es gibt höchstrichterliche Rechtsprechung die besagt, dass die briefliche Mitteilung ausschließlich eine Informationspflicht des Anbieters sei, aber ein Verstoß gegen die Verpflichtung keine Auswirkung auf die Wirksamkeit der Preiserhöhung habe. Dann würde eine Preiserhöhung auch gelten, wenn keine briefliche Mitteilung zugegangen wäre. Versorger verweisen immer häufiger auf diese Rechtsprechung, wenn eine briefliche Mitteilung unterblieben ist. Möglicherweise besteht ein Schadenersatzanspruch, da die fehlende briefliche Mitteilung eine Pflichtverletzung darstellt.
Wenn die öffentliche Bekanntmachung sechs Wochen vorher fehlt, ist die Preiserhöhung definitiv unwirksam. Wenn Sie den Eindruck haben, dass die Preiserhöhung nicht begründet ist, lassen Sie sich rechtlich beraten, zum Beispiel von den Verbraucherzentralen, bevor Sie Zahlungen kürzen oder einbehalten. - Sonderversorgung: Eine Preiserhöhung Ihres Energieanbieters ist in der Regel unwirksam, wenn Sie darüber gar nicht oder nicht rechtzeitig informiert wurden (BGH, Beschluss vom 10.10.2024 – Az. EnVR 75/23). Wichtig ist dabei: Auch wenn der Anbieter die Mitteilungsfrist verletzt hat, entsteht dadurch kein Sonderkündigungsrecht. Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass es dafür keine gesetzliche Grundlage gibt. Das in § 41 Abs. 5 Satz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) verankerte Kündigungsrecht gilt nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Preisänderung wirksam werden soll – nicht danach.
Die Folge einer unwirksamen Preiserhöhung ist daher nicht ein nachträgliches Kündigungsrecht, sondern: Der Anbieter darf nur die alten Preise berechnen, die vor der geplanten Anpassung galten. Außerdem muss der Energieversorger im Streitfall beweisen, dass die Mitteilung über die Preiserhöhung den Kunden rechtzeitig erreicht hat.
Wie muss eine Preisänderungsmitteilung aussehen?
- Preisänderungsschreiben bzw. Vertragsänderungsmitteilungen müssen transparent formuliert sein, also einfach und verständlich.
- Energieanbieter müssen Anlass, Umfang und Voraussetzungen für die Preiserhöhung angeben. Der Anlass einer Preisänderung ist der konkrete Grund, aus dem der Energielieferant ein Recht zur einseitigen Preisänderung in Anspruch nimmt. Es reicht nicht aus, so der BGH in seinem Urteil vom 21.10.2025 (Az. EnZR 97/23), wenn eine Anpassung des Arbeitspreises damit begründet wird, dass sie aus "operativen Gründen" oder aufgrund "außergewöhnlich stark angestiegener Großhandelspreise an den Energiemärkten" erforderlich sei. Eine Preisänderung ist unwirksam, so der BGH weiter, wenn der Energielieferant den Letztverbraucher unter Verstoß gegen die Transparenzanforderungen des § 41 Abs. 5 Satz 1, 3 EnWG nicht über den Anlass der Preisänderung unterrichtet.
- Kund:innen müssen in der Mitteilung auf ihr Sonderkündigungsrecht hingewiesen werden. Dieses Sonderkündigungsrecht haben Sie unabhängig vom Grund der Vertragsänderung – also auch dann, wenn der Anbieter eine Preiserhöhung etwa auf steigende Abgaben oder Umlagen zurückführt.
- In der Grundversorgung und mittlerweile auch in der Sonderversorgung hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass Preisbestandteile, zum Beispiel Netzentgelte und sonstige Steuern, Abgaben oder Umlagen in der alten und neuen Höhe gegenübergestellt werden müssen. Dadurch sollen Betroffene sofort erkennen können, welche Bestandteile sich wie entwickeln und ob der richtige Grund für die Preiserhöhung im Schreiben angegeben ist, um eine informierte Entscheidung über einen Anbieterwechsel zu treffen.
Einstweilige Verfügung gegen Preiserhöhungen der BSE Strom und Erdgas GmbH
Wegen gestiegener Beschaffungskosten hatte die BSE Strom- und Erdgas GmbH die Preise für viele Verbraucher:innen teils drastisch erhöht.
Das Landgericht Verden hat nun einen Antrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) bewilligt: Per einstweiliger Verfügung darf die BSE Strom- und Erdgas GmbH keine Preiserhöhungen mit einer Frist von weniger als einem Monat ankündigen. Der Stromversorger muss außerdem in zukünftigen Preiserhöhungsschreiben die Preise, die vor und nach der Anpassung gelten, nach den einzelnen Preisbestandteilen aufschlüsseln.
Was können Sie tun, wenn eine Preisänderungsmitteilung die Anforderungen nicht erfüllt?
- Grundversorgung: Widersprechen Sie der Preiserhöhung schriftlich. Außerdem können wir als Verbraucherzentralen gegen Unternehmen vorgehen, die intransparente Preiserhöhungsmitteilungen verwenden. Daher können Sie solche Mitteilungen der Verbraucherzentrale in Ihrem Bundesland zuschicken. Auch die Bundesnetzagentur sollte benachrichtigt werden, da sie erst bei einer Vielzahl gemeldeter Fälle als Aufsichtsbehörde einschreitet.
- Sonderversorgung: Sind die Bedingungen nicht erfüllt, ist die Preiserhöhung bei Sonderkund:innen unwirksam. Sie können der Preiserhöhung widersprechen und den erhöhten Preis nur unter Vorbehalt zahlen. Im Zweifel sollten Sie sich rechtlich beraten lassen.

