Restschuldversicherungen lohnen nicht immer

Stand:
Kreditnehmer, die ihre Angehörigen für Notfälle absichern wollen, können eine Restschuldversicherung abschließen. Doch die zahlt längst nicht immer und verlangt teilweise ungewöhnlich hohe Stornoabschläge auf erstattete Prämien.
Kreditraten fürs Haus zahlen

Das Wichtigste in Kürze:

  • Beim Abschluss eines Kredits bieten Banken und auch indirekt Anbieter wie Autohäuser als Zusatzprodukt häufig eine Restschuldversicherung an.
  • Sie soll Kreditnehmer absichern, falls sie Darlehensraten – zum Beispiel aufgrund von Jobverlust, längere Krankheit oder Tod – nicht zahlen können.
  • Restschuldversicherungen sind jedoch häufig sehr teuer und springen wegen vieler Ausschlussklauseln nicht immer ein. Lesen Sie deswegen vor Versicherungsabschluss gründlich die AGBs des Anbieters.
  • Eine Umfrage der Marktwächter legt ungewöhnlich hohe Stornoquoten bei Restschuldversicherern offen.
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Was ist eine Restschuldversicherung?

Bei der Aufnahme eines Kredits können Sie bei vielen Banken zusätzlich eine Restschuldversicherung abschließen. Der Vertrieb erfolgt dabei oft direkt bei den Warenverkäufern, z.B in Auto- oder Möbelhäusern. Diese Verkäufer sind in der Regel Versicherungslaien, so dass Sie keine Beratung  erwarten können. Weil eine Restschuldversicherung aber komplex ist, sollten Sie sich vor Abschluss unbedingt beraten lassen.

Die Restschuldversicherung behauptet, Darlehensnehmer gegen Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit und Tod abzusichern und die noch offene Restschuld abzudecken. Es handelt sich bei der Restschuldversicherung also zu einem großen Teil um eine (immens teure) Art der Risiko-Lebensversicherung. Die Versicherungssumme richtet sich in der Regel nach dem geplanten Darlehensverlauf.

Restschuldversicherungen stehen seit Jahren in der Kritik – unter anderem, weil der Kreditnehmer die Versicherungsprämie samt Vermittlungskosten als Einmalbetrag bereits zu Vertragsbeginn zahlen muss. Die Banken erhöhen die Kreditsumme um die Kosten der Restschuldversicherung. Hierdurch steigen auch die Zinsen, die Sie an die Bank zurückzahlen müssen.

Restschuldversicherungen werden insbesondere für 

  • Ratenkredite,
  • Baufinanzierungskredite und
  • Autokredite

abgeschlossen.

Tücken bei der Restschuldversicherung: umfangreiche Ausschlussklauseln

Ob die Restschuldversicherung bei Zahlungsunfähigkeit aber überhaupt einspringt, ist fraglich. Anbieter haben häufig umfangreiche Ausschlussklauseln in ihren Vertragsbedingungen. Einige Restschuldversicherungen zahlen zum Beispiel nur

  • nach Ablauf einer Wartezeit und/oder Karenzzeit.
  •  für begrenzte Zeiträume.
  • bis zu einer erreichten Obergrenze (nicht aber immer bis zur Genesung oder neuen Anstellung).
  • im Todesfall (nicht aber immer auch bei Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit).
  • im Falle einer Arbeitslosigkeit bei unbefristeten Arbeitsverträgen.
  • bei nicht vorher bekannten Erkrankungen.
  • etc.

Laut Zahlen der Bundesregierung tritt der Versicherungsfall eher selten ein: Im Jahr 2015 haben die Restschuldversicherer nur bei etwa 0,3 Prozent der bestehenden Verträge die Kreditraten übernommen. 

Achten Sie auf Ausschlussklauseln!

Wann Ihre Restschuldversicherung tatsächlich zahlt, können Sie mit einem kritischen Blick ins Kleingedruckte herausfinden. Hierbei hilft Ihnen auch ein Berater der Verbraucherzentrale. Zudem lohnt es sich, verschiedene Anbieter zu vergleichen - dabei insbesondere auch auf die Bedingungen - und keinesfalls ausschließlich auf den Preis und den bequemen Abschluss gleich mit dem Kreditvertrage zu achten.

Hohe Stornoquoten bei Restschuldversicherungen

Eine Untersuchung des Marktwächter-Teams der Verbraucherzentrale Hamburg deutet darüber hinaus auf ungewöhnlich hohe Stornoquoten bei Restschuldversicherern hin. Die Stornoquote drückt aus, wie viele Versicherungsverträge innerhalb eines Kalenderjahres vorzeitig abgebrochen werden.

Die nicht repräsentative Befragung von 23 Restschuldversicherern zeigt: Für die Versicherungsrisiken Tod und Arbeitsunfähigkeit liegt die Stornoquote bei über der Hälfte der befragten Anbieter teils deutlich über dem Branchenmittel in diesem Bereich.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert deswegen, Provisionshöhen zu begrenzen und klare Regeln, so dass die Versicherungsprämie nicht länger über den Kredit finanziert werden darf.

Brauche ich eine Restschuldversicherung?

Prüfen Sie Ihre bereits vorhandenen Versicherungen, bevor Sie eine Restschuldversicherung abschließen. Haben Sie zum Beispiel schon eine Berufsunfähigkeitsversicherung, eine Risikolebensversicherung oder eine gesetzliche Arbeitslosenversicherung? Dann sind Sie oftmals bereits ausreichend abgesichert. Bei der individuellen Prüfung hilft Ihnen auch ein Berater der Verbraucherzentralen.

Und wenn Sie keinen Vertrag zur Berufsunfähigkeits- und Risikolebensversicherung haben – dann ist es fast immer bedarfsgerechter, eine solche Versicherung abzuschließen statt einer Restschuldversicherung!  

Restschuldversicherung kündigen oder widerrufen

Für eine ordentliche Kündigung müssen Sie die vertraglich festgelegte Fristen beachten. Generell ist bei der Kündigung einer Restschuldversicherung jedoch zu beachten, dass es sich bei Darlehens- und Versicherungsvertrag um zwei unterschiedliche Verträge handelt. Das Auflösen des einen Vertrags gilt nicht zwangsläufig auch für den anderen. Nehmen Sie im Rahmen einer Umschuldung beispielsweise einen neuen Kredit auf, müssen Sie Ihre Restschuldversicherung beim alten Anbieter separat kündigen.
Wichtig: Es kann allerdings sein, dass eine Bank von ihrem Kündigungsrecht für den Kredit Gebrauch macht, falls Sie eine als Sicherheit vereinbarte Restschuldversicherung kündigen.

Die Alternative zur Kündigung ist der Widerruf der Restschuldversicherung. Innerhalb von 30 Tagen nach Abschluss können Sie Ihre Versicherung mit Lebensversicherungsrisiken schriftlich widerrufen und vom Vertrag zurücktreten. Nutzen Sie hierfür – genauso wie für die ordentliche Kündigung“   eine Zustellung per Einschreiben.

Welcome-Letter verzerren Absicht des Gesetzgebers

Seit Anfang 2018 sind Restschuldversicherer dazu verpflichtet, Neukunden eine Woche nach Vertragsschluss erneut schriftlich über ihre Rechte zu belehren und das Produktinformationsblatt erneut auszuhändigen. In dem sogenannten „Welcome-Letter“ müssen die Restschuldversicherer neutral auf die Widerrufsmöglichkeiten und -fristen hinweisen ‑ unabhängig vom Kreditvertrag.

Einige Unternehmen entfremden die Welcome-Letter jedoch als Werbeplattformt, wie eine Anbieterumfrage unter 24 Restschuldversicherern zeigt. Das Ergebnis: Keiner der von den Anbietern verschickten Welcome-Letter erfüllt vollständig die gesetzgeberische Absicht, neutral über das Widerrufsrecht zu informieren.

Die Umfrage der Marktwächter zeigt vielmehr:

  • 18 der 24 untersuchten Welcome-Letter enthalten Aussagen, die vom eigentlichen Zweck des Schreibens ablenken können.
  • Lediglich 6 der untersuchten Welcome Letter weisen darauf hin, dass eine rechtliche Verpflichtung zur erneuten Übersendung der Widerrufsbelehrung und des Produktinformationsblattes besteht.
  • Nur 5 benennen den Beginn der Widerrufsfrist in der Restschuldversicherung richtig.

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