Wann sollte storniert werden?
Es ist rechtlich nicht genau geklärt, wann ein unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand (früher: "höhere Gewalt") vorliegen muss, der eine kostenfreie Stornierung ermöglicht. Es dürfte wohl darauf ankommen, mit welcher Wahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt der Stornierung davon ausgegangen werden konnte und ob zum Zeitpunkt der Reise die unabwendbaren, außergewöhnlichen Umstände vorliegen.
Bei einer frühen Stornierung laufen Sie Gefahr, dass Sie nicht unter den beschriebenen Schutz fallen und vertraglich vereinbarte Stornierungskosten zahlen müssen. Wir raten deshalb, sich mit den Vor- und Nachteilen einer frühen Stornierung genau zu beschäftigen:
- Wer, wenn irgendwie möglich, verreisen will, kann abwarten, erfährt im Zweifel aber erst sehr kurzfristig, ob die Reise tatsächlich stattfindet.
- Wer nicht mehr verreisen will und mit einer Stornierung wartet, läuft Gefahr, dass sich die Stornoentgelte erhöhen, falls zum Reisezeitpunkt keine unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände mehr vorliegen, die zum kostenlosen Rücktritt berechtigten. Außerdem wird wohl kurz vor Antritt der Reise in vielen Fällen eine Restzahlung fällig, die Sie je nach Situation zum Reisezeitpunkt ganz bzw. teilweise wieder zurückverlangen müssten.
Diejenigen, die frühzeitig unter Hinweis auf den Coronavirus stornieren oder bereits storniert haben, sollten nach unserer Ansicht nach Stornierungsgebühren zurück erhalten, wenn zum Reisezeitpunkt immer noch eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts gilt und/oder dann andere Indizien für einen unabwendbaren, außergewöhnlichen Umstand vorliegen. Es ist aber nicht gesagt, dass Ihr Reiseveranstalter das auch so sieht. Darum kann es zu Streit darüber kommen.
Ich habe keine Pauschalreise gebucht: Welche Rechte haben Individualreisende?
Mit der Schließung der Grenzen haben auch Individualreisende eine bessere Handhabe, die wegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände ansonsten kein rechtliches Instrument haben und regelmäßig auf einem Schaden selbst sitzen bleiben, wenn sie die Reise deshalb absagen oder abbrechen.
Wenn Sie die individuell gebuchte Unterkunft beispielsweise wegen Einreisebeschränkungen nicht nutzen können, müssen Sie unserer Ansicht nach auch nicht dafür bezahlen. Viel spricht dafür, dass dies auch gilt, wenn die Unterkunft nicht erreichbar ist oder nicht touristisch genutzt werden soll.
Achtung: Grundlage ist deutsches Recht. Etwas anderes kann gelten, wenn Sie eine Unterkunft direkt beim Eigentümer im Ausland gebucht haben und das dortige Recht greift. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Sie direkt beim niederländischen Betreiber eines Ferienparks in Holland gebucht haben.
Entsprechendes gilt für Flugreisen, die Sie aufgrund von Ein- bzw. Ausreisebeschränkungen nicht antreten können. Werden die Flüge von den Fluggesellschaften abgesagt, haben Sie die Wahl zwischen der Erstattung des Flugpreises, wenn Sie den Flug nicht mehr antreten wollen, oder einem Ersatzflug zu einem späteren Zeitpunkt (der Sie nichts zusätzlich kosten darf).
Auch wenn die Airline den Flug trotz der Reisebeschränkungen durchführt, muss nach unserer Ansicht der Flugpreis erstattet werden, wenn Sie einem Einreiseverbot unterliegen.
Ob Ihnen mit der Annullierung eines Fluges zusätzlich Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung zustehen, hängt davon ab, ob sich das Flugunternehmen seinerseits auf unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände berufen kann. Einreiseverbote etwa als Grund für die Annullierung können die Airlines von der Pflicht zu Ausgleichszahlungen befreien. Unterstützungsleistungen, Flugpreiserstattung oder Ersatzflug und Betreuungsleistungen (z.B. Verpflegung oder Hotelzimmer) muss die Airline aber ohne Möglichkeit der Entlastung auch bei außergewöhnlichen Umständen gewähren. Diese Ansprüche des Fluggasts bleiben deshalb auch in Zeiten von Corona bestehen. Über unsere kostenlose Flugärger-App können Sie schnell und bequem einen Antrag an die Airline stellen.
Was ist zu tun, wenn noch Restzahlungen ausstehen?
Viele Reisende, die ihre Reisen vor der Corona-Pandemie gebucht haben und deren Reisen erst in einigen Wochen oder Monaten anstehen, fragen, ob sie vor dem Hintergrund des Coronavirus und auch eines möglichen Insolvenzrisikos eine Restzahlung vornehmen sollen. Das ist eine wichtige Frage, falls Sie noch nicht kostenlos stornieren können (siehe oben) oder an den Reiseplänen selbst möglichst lange festhalten möchten.
Nach unserer Ansicht brauchen Sie den Restpreis, der in diesen Tagen für eine bald anliegende Pauschalreise oder eine einzeln gebuchte in Deutschland gelegene Unterkunft fällig wird, nicht zu zahlen. Hintergrund ist, dass weiter unklar ist, ob Reisen in den nächsten Wochen wie vereinbart durchgeführt bzw. Unterkünfte erreicht und für einen Urlaub genutzt werden können. Die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts sowie Einreisebeschränkungen in viele Staaten schließen Reisen praktisch aus. Ob und wann diese Einschränkungen entfallen, ist nicht absehbar.
Vor diesem Hintergrund haben Reiseveranstalter und Eigentümer von Ferienunterkünften kein Recht zum Rücktritt vom Vertrag, obwohl sich das viele für den Fall vorbehalten, dass der vereinbarte Preis nicht oder nicht vollständig zu den genannten Terminen gezahlt wird. Die Anbieter dürfen auch keine Mahn-, Inkassokosten oder für den Fall eines Rücktritts vorgesehene Stornoentgelte verlangen.
Falls der Anbieter dies anders sieht und auf den Zahlungen besteht, Sie aber an den Reiseplänen möglichst lange festhalten möchten, wird es leider komplizierter. Dann werden Sie um eine Zahlung nach Mahnung durch den Reiseveranstalter nicht umhinkommen, um eine (unserer Ansicht nach unberechtigte) Stornierung durch den Veranstalter zu vermeiden.
Für Reisen, die erst später stattfinden sollen, und je nachdem, wie sich die Lage weiter entwickelt, kann die Antwort auf die Frage der Restpreiszahlung anders lauten.
Wenn Sie für eine Reise, die erst später stattfinden soll, die fälligen Beträge nicht zahlen, laufen Sie Gefahr, Mahnkosten zu zahlen. Außerdem kann der Anbieter - allerdings nur unter Fristsetzung und nach entsprechender Androhung - vom Vertrag zurücktreten und Schadenersatz verlangen.
Wenn tun, wenn mein Urlaubsland Risikogebiet wird?
Es ging vielen Mallorca-Urlaubern im August 2020 so: Was ist, wenn in meinem Urlaubsland die Anzahl der Infizierten ansteigt und Risikogebiet wird? Wichtige Fragen und Antworten für Betroffene: